Über
Auf gänzlich literarische Weise nähert sich der preisgekrönte Schriftsteller Miguel Delibes der Gotteslästerung. Der Ketzer heißt sein neuer Historienroman, in dem er seine Leser ins Spanien des 16. Jahrhunderts eintauchen lässt. Gewaltig in der Sprache und präzise in Charakterstudien schildert Delibes das Schicksal des Cipriano Salcedo: Der wohlhabende Kaufmann aus Valladolid, geboren am selben Tag, an dem Martin Luther seine Thesen an die Wittenberger Kirchentür hämmert, schließt sich heimlich der reformatorischen Bewegung an. Die Konfrontation mit der spanischen Inquisition schildert Delibes detailliert, spannend und psychologisch durchdacht. Quasi als Rechtfertigung stellt Delibes ein Zitat von Papst Johannes Paul II. seinem Buch voran. Die Kirche müsse "Religionskriege" und "Inquisitionstribunale", eben alle "dunklen Seiten ihrer Geschichte, überdenken und sie im Lichte der Gebote des Evangeliums beurteilen". Das ist eine Absage an Ketzerverfolgung mit Gewalt -- nicht aber an die Ausgrenzung vermeintlich unkatholischer Christen in den eigenen Reihen. Was derzeit im Vatikan als rechtgläubig gilt, ist im Katechismus der katholischen Kirche nachzulesen -- fein säuberlich in 2.865 Abschnitte gegliedert. --Uwe Birnstein
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