Die Diagnose
Über
Bei seinem Bestseller Und immer wieder die Zeit über die Relativitätstheorie gelang Alan Lightman ein eleganter Spagat zwischen Wissenschaft und Belletristik. Nun wechselt der amerikanische Astrophysiker ganz ins Lager der Romanciers -- mit Physik hat Die Diagnose nicht das Geringste zu tun. Aber womit denn? Auch wenn sich der Roman sehr angenehm liest, fragt man sich doch, worauf der Autor hinaus will. Den schnellen Niedergang eines Karrieristen beschreiben? Die Ausgeliefertheit eines Menschen an die moderne Medizin? Die zwischenmenschliche Beziehungslosigkeit im Internet-Zeitalter?Bill Charmers hat fast nur eines im Sinn: seine Karriere und die nächsten Geschäftstermine. Doch eines Morgens auf dem Weg ins Büro ist mit einem Schlag überhaupt nichts mehr in seinem Kopf, er hat alles vergessen, wo er arbeitet, wo er wohnt, an welcher U-Bahn-Haltestelle er aussteigen muss. Er wird eingeliefert und untersucht, flieht jedoch aus der Klinik und irrt durch die Stadt. Im dritten Kapitel ist alles wieder beim Alten -- das Gedächtnis funktioniert wie zuvor, der Alltag scheint weiter gehen zu können. Doch die eigentlichen Qualen stehen Charmers und seiner Familie noch bevor: Taubheitsgefühle in Armen und Beinen, später Lähmungserscheinungen. Und eine Odyssee zu Ärzten, Spezialisten, Psychiatern auf der Suche nach einer Erklärung.
Einige Passagen sind beeindruckend geschildert -- das knallharte Klima in Charmers Firma, oder wie er mit seinem Sohn fast nur via E-Mail kommuniziert. Aber das, wonach alle suchen -- die Diagnose, die mysteriöse Ursache der Krankheit -- kennt der Leser als Einziger bereits aus dem zweiten Kapitel. Dass man diesen Wissensvorsprung bis zum Ende des Romans mitschleppt, verhindert leider, dass ein größeres Maß an Spannung aufkommt. --Christian Stahl
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