Ein Freund des Verblichenen

von Andrej Kurkow

Über

Wenn zwei Eheleute sich nur noch im Dunkeln voreinander ausziehen, wenn jeder sorgfältig darauf achtet, die Badezimmertür abzuschließen, bevor man in die Wanne gleitet, wenn selbst zum Streiten die Lust vergangen ist -- spätestens dann wird klar, dass irgendetwas in der Ehe ganz und gar schief gelaufen ist. Als Tolja zu allem Überdruss auch noch erfährt, dass seine Frau bei einem "Kollegen" sehr gerne badet und sich noch lieber nackt präsentiert, beschließt er, seinem Leben ein Ende zu setzen.

Russische Tristesse in Einzimmerwohnung. Seine Frau umzubringen, käme für Tolja nie in Frage. Auch ihrem Liebhaber einen Strick aus seinem Glück zu drehen, verbietet sich. Bleibt also nur er selbst. Da Tolja aber auch in suizidaler Hinsicht ein Tropf ist, reift in ihm ein Plan. Wenigstens sein Abschied aus dem irdischen Jammertal soll nicht unbemerkt vonstatten gehen. Alle Welt soll rätseln, wer den guten Tolja um die Ecke gebracht hat. Er beschließt, einen Killer auf sich anzusetzen!

Andrej Kurkows Vita weist einige bemerkenswerte Stationen auf: Kameramann, Gefängniswärter, heute freier Schriftsteller, zwischen Kiew und London pendelnd. Auch als Drehbuchautor tat Kurkow sich hervor, was den irritierenden Umstand, dass sein Plot dem wunderbaren Kaurismäki-Film I hired a contract killer bis aufs Haar gleicht, einigermaßen rätselhaft macht. Dem Film nicht unähnlich, bezieht auch Kurkows Roman sein nicht unbeträchtliches Humorpotenzial aus den heruntergekommenen russischen Verhältnissen und einem Personal, das im Wodka-Dauernebel stumpf dahindümpelt.

Über einen Schulfreund gelangt Tolja an die Adresse eines preisgünstigen Killers. Lediglich im Besitz einiger alter Kinderfotos, muss der arme Tolja tatsächlich mit seinem letzten Rubel in ein Fotoatelier, um seinem Meuchelmörder ein aktuelles Konterfei schicken zu können. In einem Café auf die finale Begegnung wartend, lernt er die Prostituierte Lena kennen -- und mitten im russischen Winter geht für Tolja die Sonne wieder auf. Nur gut, dass an solchen Wintertagen auch Killer ihre depressiven Verstimmungen haben! --Ravi Unger

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