Eleanor Rigby
Über
Ob Eleanor Rigby, die Heldin aus dem gleichnamigen Beatlessong, auch stark übergewichtig war, wir wissen es nicht. Gewiss ist nur, dass sie eine verdammt einsame Person war. Derart isoliert, dass Liz Dunn, die Heldin in Douglas Couplands Roman, ihre E-Mail-Adresse wie ein Markenzeichen der Verlorenheit benutzt. Couplands Eleanor Rigby, irgendwo in den Vierzigern, führt in ihrer schmucklosen Wohnung in Vancouver seit Jahren ein freund- und freudloses Leben. Nette Idee, just in dem Moment, als sie ihre Weisheitszähne verliert, gerät ihr eintöniger Alltag ins Taumeln. Jeremy, ein fremder junger Mann, erwacht im Krankenhaus aus seinem Drogenrausch und begehrt sie zu sprechen. Liz Dunn schwant nichts Gutes. Nach dreißig Jahren meldet sich das Ergebnis ihres einzigen erotischen Abenteuers in ihrem Leben zurück!Der Autor des Kultbuches Generation X und sein Thema: Die postmoderne Welt des schönen Scheins und ihr trübes Spiegelbild, die Verlorenen und Abgehängten, die dieses Leuchten nur von draußen betrachten dürfen. Couplands Entscheidung, Liz mit Galgenhumor und sarkastischer Selbstanalyse auszustatten, bewahrt den Roman einerseits vor grämlich bitterem Lamento, birgt aber auch die Gefahr, den Aspekt der Vereinsamung zu verniedlichen. Jeremy, die Frucht eines Vollsuff-Quickies seiner damals 16-jährigen Mom mit einem unbekannten österreichischen Schüler auf einer Studienfahrt nach Rom, wurde sofort nach seiner Geburt zur Adoption freigegeben. Der charmante und blendend aussehende verlorene Sohn, den Liz nun halb verstört, halb mütterlich gerührt in ihre Arme schließt, erweist sich bald als Mann mit eigenartigen Visionen. Und -- er ist todgeweiht!
In Jeremys rasch fortschreitender Multipler Sklerose bildet Coupland sein sinnstiftendes Anliegen ab. Liz’ selbstgerechtes Einsamkeitsdrehbuch muss plötzlich größeren Dingen weichen. In Krankheits-schüben von düsteren Visionen erleuchtet, wird Jeremy zum Lebenselixir für seine Mutter. Dass die Lektüre im Schlussfurioso nicht zur quasireligiösen Erbauungsschrift abrutscht, liegt am ironischen Grundton, den Coupland trotz stark überkonstruierter Ereignisse eisern durchhält. Jenseitiges wird sarkastisch abgefedert. Als Liz gar noch einen Anruf von der österreichischen Polizei erhält, die einen lang gesuchten religiösen Eiferer und Stalker am Wickel hat, schließt sich ein magischer Kreis. Ihr Leben beginnt zu tosen! Und Coupland kriegt noch einmal die Kurve. --Ravi Unger
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