Herr Balaban und seine Tochter Selda

Über

Manche der 222 Geschichten und Anekdoten in Herr Balaban und seine Tochter Selda kommen einem bekannt vor. Nicht zu Unrecht, wie der Autor Martin Auer im Nachwort bestätigt, hat doch Herr Balaban eine lange Ahnenreihe. Er ist ein Nachfahre des berühmten Mullah Nasreddin Hodscha und wie sein Vorfahre kommt er viel in der Welt herum und trifft zahlreiche Menschen, die ihn mit kniffligen oder dummen Fragen konfrontieren. So antwortet Balaban auf die Frage, wo man Glück und Zufriedenheit finden kann, einfach lakonisch "im Wörterbuch". Seine Tochter Selda lernt im Religionsunterricht, dass Gott sie dazu geschaffen habe, anderen zu dienen. Prompt folgt ihre Frage, warum Gott eigentlich die anderen geschaffen hat.

Die Geschichten über Nasreddin haben in unterschiedliche Kulturkreise Eingang gefunden, so fallen einem gleich Namen wie Schwejk, Eulenspiegel oder Rabbi Löw ein. Selbst mit dem Herrn Keuner von Bert Brecht liegt man nicht ganz falsch. Alle trieben ein listiges Spiel mit der Logik und bewiesen einen widerspenstigen Humor, der durch Witz nicht nur verblüffen, sondern aufklären will. Martin Auer hat nun die Traditionslinie erweitert, neue Geschichten hinzugefügt und ältere neu geschrieben. Gewohntes wird in Frage gestellt, und die schrägen, liebenswerten Zeichnungen von Linda Wolfsgruber harmonieren ideal dazu.

Die 222 Geschichten sind schnell gelesen, doch lässt sich viel länger darüber nachdenken und manches Mal erneut schmunzeln oder den Kopf schütteln, über die eigene Borniertheit in manchen Dingen. Deshalb tritt hier der seltene Fall ein, dass Kinder wie Erwachsene gleichermaßen dieses Buch in die Hand nehmen können und sollen. Doch Achtung: Eltern könnten bei den Geschichten bald einmal in Erklärungsnot gegenüber ihren Kindern kommen, deshalb empfiehlt es sich das Buch erst einmal selbst zu lesen. Es lohnt sich. --Tobias Hierl