Ich bin dein Freund

von Ben Kuipers

Über

Was uns Märchen und Fabeln über Wölfe sagen, ist alles falsch. Der Wolf ist nämlich gar kein scharfzahniges Ungetüm, das Großmütter verschlingt oder Häuser von kleinen Schweinchen umbläst. Der Wolf kann keiner Fliege etwas zu Leide tun. Und wenn der Wind das Haus vom Schaf umweht, dann darf es bei ihm wohnen und kriegt sogar Kakao. Und überhaupt ist Schaf Wolfs bester Freund.

So jedenfalls ist es in Ben Kuipers wunderschönem Geschichtenband, der von einem Land erzählt, wo Wolf und Schaf sich gute Nacht sagen -- und sich, wenn sie nicht schlafen können, gegenseitig besuchen kommen. Oder sie dressieren einen Schmetterling, schreiben einander Briefe, reden über neue Bettdecken, schnuppern am Sommer oder sehnen sich einfach ein bisschen nacheinander. Nur das mit der Fliege ist nicht ganz richtig: Wolf nämlich kann Fliegen schon etwas zu Leide tun -- er will es nur nicht. Deshalb flüchtet er auch vor der Fliege: Weil er sonst seinen Ärger über das lästige Insekt irgendwann nicht mehr im Zaum halten kann, und dann wäre die Katastrophe da. Das leuchtet Schaf natürlich unumwunden ein, und darum flüchten sie gemeinsam: Derart hintergründig-fantasievoll und philosophisch kommen Kuipers kurze, pointiert formulierte, versöhnliche und von Ingrid Godon trefflich illustrierte Texte über die befreienden Möglichkeiten wahrer Freundschaft für Kinder ab vier Jahren fast immer daher.

Ich bin dein Freund räumt also mit allerlei Vorurteilen über Wölfe auf. Und zu noch etwas sind die 20 Zwei-Minuten-Geschichten des Bandes nütze. Anders als lange und grausame Märchen eignen sie sich perfekt als friedliche Einschlaflektüre. Jetzt, wo Kuipers uns von Wolf und Schaf erzählt hat, muss niemand mehr Schäfchen zählen. --Thomas Köster

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