Über
Den Medeastoff des Euripides hat Christa Wolf eigenwillig und gekonnt verändert. Medea wird reingewaschen: zuviel will ich nicht verraten. Nachdem sie von Jason verstoßen wurde, wird sie gar zu einer antiken, Pestkranke pflegenden Mutter Teresa. Das Verfahren, die Hauptpersonen in einem inneren Dialog die Handlung erzählen zu lassen, ist keinesfalls neu, scheint sogar recht modisch zu sein (Margaret Atwood Alias Grace). Der psychologische Vorteil dieses Verfahrens wird mit weniger Lebendigkeit bezahlt. Trotzdem ist Medea flott zu lesen. Die Handlung wird zwar nicht streng chronologisch entwickelt, macht aber auch keine verständnishemmenden Sprünge. Die Veränderungen benutzt Christa Wolf um zu zeigen, daß Fremdenfeindlichkeit, mangelnde Zivilcourage und Herabsetzung des Fremden schon seit der Antike unbewältigte Probleme vieler Kulturen sind. Der Kampf um die Thronfolge bei den Kolchern, noch ausgeprägter bei den Korinthern wäre einem Shakespeare-Drama angemessen. Die lesenden Männern werden bei der Zauberin Kirke, bekannt aus -- nein, nicht aus dem Fernsehen -- sondern der Odyssee, aufhorchen. Verwandelt Kirke doch glatt Männer in Schweine. Womit zumindest bewiesen ist, daß nicht alle Männer Schweine sind. Wie könnte sonst Kirke ihre Kunst beweisen? Medea von Christa Wolf ist spannend, ideenreich und lesenswert.
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