Wir bleiben in der Nähe
Über
Der Titel, gemeinhin als beruhigende Versicherung fürsorglicher Eltern an ihre ängstlichen Kinder gedacht, gewinnt in Tilman Rammstedts Werk eher bedrohlichen Charakter. „Lernt, loszulassen“, möchte man Felix und Konrad gerne therapeutenhaft zurufen, „klammert nicht so!“ Eine simple Einladung hatte den Jugendtraum der Freunde zum Platzen gebracht. Katharina, die frühere Jugendfreundin und Teilzeitgeliebte, war im Begriff, einen gewissen Tobias zu heiraten. Dass hier etwas zusammenwuchs, was garantiert nicht zusammengehörte, für Felix und Konrad wird es zur fixen Idee. So einfach ließen sie sich nicht abschütteln!Die Lebenswege der drei hatten sich allmählich auseinander entwickelt. Nun geriert sich der renitente Felix als bewahrende Kraft. Er überredet den zögerlichen Konrad, zu Katharina nach Hamburg zu reisen, um ... ja, was eigentlich? Sie zur Umkehr zu bewegen? Die alten Zeiten heraufzubeschwören um sie auf immer festzuhalten? In einer lächerlichen Slapsticknummer lauern die beiden, idiotischen Hobbyschnüfflern gleich, Katharina in einem Supermarkt auf. Die, unerwartet cool, lässt die alten Freunde bald noch älter aussehen. Im Gegensatz zu ihnen scheint Katharina im Leben angekommen zu sein.
Zum Schlussakt finden wir uns in einem Haus an der französischen Atlantikküste wieder. Mit Hilfe von Schlaftabletten und Tobias' Wagen haben die selbsternannten Erziehungsberechtigten Katharina hierher entführt. Hier soll ihr klargemacht werden, dass ein richtiges Leben im Falschen nicht möglich sei, sollten die gemeinsamen Träume wieder zum Leben erweckt werden. Doch wie sahen diese Träume aus. Über ein hilflos stammelndes „alles sollte eben irgendwie anders werden“ kommt auch Ich-Erzähler Felix nicht hinaus. Rammstedt zeichnet ihn als dauerphilosophierenden, von den Zumutungen eines Lebens, das nicht hielt, was es versprach, früh Versehrten.
Doch klare Atlantikluft schafft klare Verhältnisse. Die kluge Katharina erkennt, dass die veränderungswütigen Freunde lediglich das Gestern herbeisehnen, während sie selbst den Auf- und Ausbruch wagte. Sie stellt ihre "Entführer" vor die alles entscheidende Frage! --Ravi Unger
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