IBM und der Holocaust. Die Verstrickung des Weltkonzerns in die Verbrechen der Nazis
Über
Es ist ein offenes Geheimnis, dass zu den Bewunderern des Naziregimes nicht nur deutsche Großindustrielle gehörten, sondern auch führende Manager namhafter US-Unternehmen. Ebenso, dass sich Nazideutschland zur Verwaltung des Holocaust der IBM-Datentechnik bediente. Dennoch überrascht das ganze Ausmaß der Verstrickung, wie es sich nun in Edwin Blacks Buch IBM und der Holocaust offenbart.Nach minuziösen Recherchen ist es Black gelungen, eine Fülle von Indizien und Detailinformationen zu einem erschütternden Gesamtbild zusammenzufügen. Das Ergebnis seiner Anstrengungen dürfte dem Computer-Riesen IBM nicht nur ein gehöriges Imageproblem bescheren, sondern auch Entschädigungsklagen von NS-Opfern. Im Mittelpunkt der schockierenden Enthüllungen steht der legendäre Gründer und erste Präsident von IBM, Thomas J. Watson, und die damalige deutsche Tochtergesellschaft des Konzerns, die Deutsche Hollerith Maschinen Gesellschaft (Dehomag).
Die von Black als "ideologisch-technisches Bündnis" charakterisierten Geschäftsbeziehungen begannen mit der Volkszählung im Jahre 1933. Während des Krieges waren Tausende Hollerith-Lochkartenmaschinen überall in Deutschland und dem von ihm beherrschten Europa im Einsatz. Sie bildeten das Herzstück des "Maschinellen Berichtswesens", das die gesamte Wehrmachtslogistik, die Rüstungsproduktion, die Sklavenarbeiter oder die Vernichtungslager der SS effektiv verwaltete. Auch wenn die IBM-Manager keinen detaillierten Einblick in die verbrecherische Nutzung ihrer Maschinen hatten, waren sie sich der kriegswichtigen Bedeutung der Hollerith-Technik durchaus bewusst. Was sie freilich nicht daran hinderte, selbst nach dem Kriegseintritt der USA noch Lieferverträge mit dem Reich abzuschließen.
Der Holocaust wäre auch ohne die IBM-Maschinen geschehen. Aber bei der Organisation des industriellen Massenmordes spielte die Datenverarbeitung eine zentrale Rolle. "IBM Deutschland leistete mit seinen eigenen Mitarbeitern und seinen eigenen Geräten die unerlässliche technische Hilfestellung, die das Dritte Reich benötigte, um zu realisieren, was nie zuvor vollbracht worden war", resümiert Black, "die Automatisierung der Vernichtung des menschlichen Lebens". --Stephan Fingerle
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