Die Geschichte der Kunst
Über
Die Geschichte der Kunst war ein Geschenk meines Vaters zu meinem 14. Geburtstag und mein erstes Buch dieser Art. Ich erinnere mich noch gut, daß ich damals eigentlich mit einer Carrera-Rennbahn geliebäugelt hatte -- man kann sich meine Enttäuschung unschwer ausmalen. Nach Monaten der Verbannung im Bücherregal -- verbunden mit der Verlagerung meiner Interessen vom Modellrennsport auf das Sammeln von BP-Fußballmünzen -- bekam das Buch schließlich doch noch seine Chance. Und während das numismatische Projekt schließlich aufgegeben werden mußte (Gerd Müller und Paul Breitner waren an unserer örtlichen Tankstelle einfach nicht zu bekommen), ist Die Geschichte der Kunst noch immer eines meiner Lieblingsbücher...Ein einmaliges Buch und eine einmalige Erfolgsgeschichte: Ende der 40er Jahre schrieb der Kunsthistoriker Ernst Gombrich im Auftrag des amerikanischen Phaidon Verlags eine Kunstgeschichte für Jugendliche. Das Buch sollte ohne einschlägige Vorkenntnisse verständlich sein, von frühgeschichtlicher Zeit bis zur Gegenwart alle Kulturen der Erde umfassen und sämtliche vorgestellten Werke auch im Bild zeigen. Angesichts derart tadelloser pädagogischer Absichten hätte das ganze eigentlich eines der unzähligen, todlangweiligen Jugendlexika werden müssen, von jovial lächelnden Patenonkeln überreicht und dazu bestimmt, beim Altpapier zu landen.
Dank Ernst Gombrich wurde es weder ein ermüdender Wissensmarathon noch Kunstgeschichte "light". Gombrich verzichtete auf fachterminologischen Firlefanz, machte aber keinerlei inhaltliche Zugeständnisse. Sein Text überspannte Jahrtausende und war dennoch kunsthistorisch auf dem letzten Stand. Im Gegensatz zu vielen seiner Fachkollegen schrieb er über die komplexesten Themen einfach und anschaulich und das auch noch so mitreißend, daß seine Begeisterung ansteckend wirkte. Aus dem geplanten Jugendbuch wurde so ein Buch für interessierte Leser egal welchen Alters, geistreich, umfassend, humorvoll -- ein uneingeschränkter Genuß.
Als Die Geschichte der Kunst 1950 auf den Markt kam, übertraf die Resonanz die kühnsten Erwartungen. Die Kritiker überschlugen sich in Lobeshymnen, das Buch erlebte Neuauflage auf Neuauflage, machte seinen Autor weltbekannt, wurde in alle Kultursprachen übersetzt und fehlt heute in keiner öffentlichen Bibliothek. Die Qualität der ursprünglichen Fassung läßt sich daran ablesen, daß Gombrich im Laufe der Jahrzehnte zwar immer wieder kleine Veränderungen und Erweiterungen vorgenommen hat, den Text aber im Kern nicht verändern mußte. Ein halbes Jahrhundert nach der Erstauflage ist sein Buch noch immer eine der fesselndsten und unterhaltsamsten Einführungen in die Geschichte der Kunst und dank hunderter Farbreproduktionen, umfangreicher Literaturangaben, Zeittafeln und Registern auch ein ideales Nachschlagewerk. --Christian Demand
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